Kondolenzbuch

Hannes Stein # In Deutschland war ich selten im Theater, und meistens war es eine Enttäuschung. MS hat mir zwei große, zwei unvergessliche Theaterabende beschert: "Romeo und Julia" der eine, "Kabale und Liebe" der andere. Beide Male saß ich nachher im Zuschauerraum und wischte mir verstohlen Tränen aus den Augen und dachte: Das also ist Theater, das kann Theater sein. Unvergessen auch, wie MS bei einem von Wolfs Geburtstagen das ganze "Wintermärchen" von Heine vortrug. Einziges Requisit, wenn ich mich richtig erinnere: eine Salatschüssel, die nacheinander als preußischer Helm und als Nachttopf diente, in dem Hammonia den Dichter Deutschlands Zukunft riechen lässt. Das war Ein-Mann-Welttheater, ganz klar von Brecht gelernt, aber eben nicht abgekupfert, sondern schöpferisch weiterentwickelt. Ein großer Künstler ist nicht mehr da. Er fehlt mir, er wird uns fehlen.